Interview mit Marte Cormann

Interview mit Marte Cormann (April 2004)



Veröffentlichungen:

  • Gute Nacht, Liebling. Wenn Frauen morden... (1993)
  • Der Mörder bittet zum Diktat (1995) - Anthologie
  • Der Club der grünen Witwen (1996)
  • Frauen al dente (1998)
  • Brauchen starke Frauen Gott? (1998) - Sachbuch
  • Der Mann im Ohr (1999)
  • Die Männerfängerin (2000)
  • Lieber gut geschminkt, als vom Leben gezeichnet (2002)
  • Wer braucht denn schon Liebe? (2003)

als Liza Kent:
  • Verlieb dich nie nach Mitternacht (2004)
außerdem als Britta Jacobsson, Chiara Tannen und
Kaye Valentine Heftromane in der Liebesromanreihe von Panini

Kannst Du uns ein bißchen über Dich erzählen? Familie, Hobbys, etc.?
Mittlerweile bin ich fast 27 Jahre mit dem selben Mann verheiratet und damit ein echter Ehedino - und immer noch sehr gerne. Wir haben 2 Kinder im Alter von 12 und 14 Jahren. Ihre Hobbys sind auch unsere Hobbys. Spielt mein Sohn Hockey, bilden mein Mann und ich nicht nur die Fan-Group. Wir backen auch den Kuchen, um die gegnerischen Mannschaften zu bewirten, verkaufen Getränkemarken usw. Meine Tochter ist recht erfolgreich im Judo, im letzten Jahr hat sie sogar an der Westdeutschen Meisterschaft teilgenommen. Ich reagiere, wenn der Mattenrichter "Hajime" oder "Mate" ruft und schwenke bei Vereinsturnieren sehr gerne die Fahne. Neben dem Schreiben , der Arbeit für DeLiA und der Familie bleibt nur noch wenig Zeit für andere "Hobbys". Mein SUB schlängelt sich in Meterhöhe durch das ganze Haus. Langsam gebe ich die Hoffnung auf, den Stapel jemals aufarbeiten zu können. Aber Bücher sind für mich etwas ganz Besonderes, deshalb wird wohl eher die Zimmerdecke einstürzen, als dass ich nur ein Buch ungelesen wieder aus dem Haus gebe. Meine neuesten Errungenschaften: Mikael Niemi: Populärmusik aus Vittula und Catherine Alliott: Ein Mann aus zweiter Hand. Meine bevorzugten Urlaubsländer? Eindeutig Skandinavien: Norwegen, Schweden, Finnland, Färöer, Island, Dänemark.

Bei Moments ist gerade Dein erster Zeitreise-Roman "Verlieb Dich nie nach Mitternacht" unter dem Pseudonym Liza Kent erschienen. Wieso das Pseudonym?
Die ersten Veröffentlichungen unter dem Namen Marte Cormann waren Kriminalgeschichten. Eine gibt es heute immer noch in einer Anthologie bei Grafit zu kaufen. Mit "Club der grünen Witwen" wagte ich dann den ersten Schritt in Richtung Komödie. Danach wünschte sich der Heyne Verlag von mir "echte" Frauenromane. Schon damals zeigten mir einige treue Fans offen ihre Enttäuschung: Ich dachte, Krimi ist drin, dabei ist es "nur" ein Frauenroman. Alte LeserInnen gingen verloren, neue kamen hinzu. Mittlerweile steht der Name Marte Cormann für Frauen-, Liebes- und Familienkomödien. Sowohl im Film, als auch im Fernsehen. Als ich das Sachbuch Brauchen starke Frauen Gott? mitveröffentlichte, bekam ich vorgeworfen: "Um Himmels willen, du machst dir deinen Ruf kaputt!" Ist ein Name bei uns in Deutschland erst einmal eingeführt, wird er sehr gerne mit einem bestimmten Etikett versehen. Um diesem Problem zu entgehen, beschlossen meine Agentin Frau Kolf und ich, den Zeitreiseroman unter einem neuen Namen zu veröffentlichen. Jetzt stehen wir natürlich vor einem neuen Problem: Der neue Name muss auch wieder ganz neu eingeführt werden. Wie Frau es macht, so ist es verkehrt ... ;-)

Wenn ich mich jetzt nicht ganz täusche ist "Verlieb dich nie nach Mitternacht" Dein erster Roman mit historischen Elementen. Gerade das hat mir ausgesprochen gut gefallen. Planst Du mal einen reinen historischen Liebesroman?
Ein klares und deutliches Ja! Ich kann dir gar nicht beschreiben, wie viel Spaß mir die Arbeit an dem Zeitreiseroman bereitet hat. Als Autorin habe ich mich auf diese Weise an das für mich neue Genre "Historischer Roman" herangetastet. Ein fertiges Exposé für einen reinen Historienroman liegt bereits bei mir in der Schublade. Jetzt muss ich bloß noch die nötige Zeit und das dazugehörige Geld finden, um mit der Arbeit beginnen zu können. ;-))

Was sind überhaupt Deine weiteren Pläne? Schreibst Du bereits an neuen Büchern und kannst Du uns ein wenig darüber verraten?
Aktuell schreibe ich an einem neuen Roman, der im Wilhelm Heyne Verlag als Taschenbuch-Originalausgabe erscheinen wird. Parallel dazu habe ich zusammen mit meiner Produktionsfirma Drife Productions, München, und dem Regisseur Dominikus Probst das dazugehörige Filmexposé erarbeitet. Aktuelle Filmexposés (Romantic Comedy, Familiengeschichten etc.) habe ich gerade für Event Film und Orange Pictures entwickelt. Im August 2004 wird mein zweiter Fernsehfilm in der ARD mit dem Arbeitstitel "Alles und noch mehr" ausgestrahlt". Weitere Projekte mit der Produktionsfirma Rheinfilm sind in Planung. Ach so, ich darf natürlich nicht vergessen, dass ich für die neue Liebesromanreihe von Panini arbeite. Meine Romane erscheinen unter den Pseudonymen Britta Jacobsson, Chiara Tannen und Kaye Valentine. Und für alle, die nun sagen: "Die spinnt! Dieses Programm kann man gar nicht zeitgleich durchziehen." - Doch es geht, allerdings muss man dabei sehr diszipliniert und leidenschaftlich arbeiten.

Das Schreiben eines historischen Romans ist sicherlich völlig anders, als das eines frechen Frauenromans. Für "Verlieb dich nie nach Mitternacht" musstest Du viel recherchieren. Hat Dir diese Arbeit Spaß gemacht und wie bist Du vorgegangen?
Mir hat die Recherche für den Roman sehr viel Spaß gemacht. Da ich familiär gebunden bin, habe ich mir bewusst ein Szenario ausgewählt, dass ich hier vor Ort in Meerbusch recherchieren konnte. So konnte ich mir die Schauplätze sehr schnell und relativ leicht ansehen. Außerdem hat der hiesige Geschichtsverein ein paar sehr schöne Bücher herausgegeben, die mir eine wichtige Hilfe waren.

Deine Romane spielen oft in Meerbusch, dem Ort, in dem Du selber wohnst. Woran liegt das? Liegt Dir der Ort so am Herzen? Ist es einfach oder schwieriger über einen Ort zu schreiben, den man kennt und in dem man lebt?
Meine Romane spielen sogar fast alle in Meerbusch. Mal mehr, mal weniger. Selbst in den Fällen, in denen die Heldinnen nach Italien oder in die Schweiz verreisen, befinden sie sich zu irgendeinem Zeitpunkt in Meerbusch. Mittlerweile habe ich daraus einen regelrechten Spleen entwickelt. In Deutschland kenne ich keine Autorin meines Genres, die dies ebenso konsequent betreibt wie ich. Und ich kenne auch keine, die bewusst so konsequent eine Kleinstadt zum Schauplatz ihrer Plots wählt. Die meisten AutorInnen lassen ihre Geschichten in Köln, Berlin, Hamburg, Berlin etc. spielen. Warum ich gegen den Trend schwimme? Weil ich mich ernsthaft um Authenzität in meinem Werk bemühe. Mir ist es einfach wichtig, dass ich Menschen wie du und ich beschreibe. Wenn eins meiner Bücher mit einer Szene im Judoverein beginnt, dann kannst du sicher sein, dass sie entweder so passiert ist oder so ähnlich jederzeit passieren könnte. Je mehr Bücher ich schreibe und je älter ich werde, desto wichtiger wird es mir, so nah wie irgend möglich an meine Figuren heran zu kommen. Und ein Schuss Opportunität spielt sicher bei mir auch eine Rolle. Wie heißt es so schön in dem Frank Sinatra Song? I did it my way ...
Übrigens treibt meine Nähe zu Meerbusch mitunter skurrile Blüten. Es gibt eine Menge LeserInnen, die die Schauplätze tatsächlich abgehen.

Du bist Gründungsmitglied und Vorsitzende von Delia, der Vereinigung deutscher Liebesromanautorinnen. Wie muss man sich die Arbeit einer Vorsitzenden vorstellen? Raubt sie Dir nicht auch sehr viel Zeit, die Dir beim Schreben nun fehlt?
Die Arbeit als Sprecherin von DeLiA und als Vorsitzende des Vereins für deutschsprachige Liebesromanliteratur ist spannend, mitunter sehr aufregend - und sehr arbeitsintensiv. Vereinsgründung, Gespräche mit diversen Verlagen und vor allem auch die Vorbereitung für die "DeLiA 2004", den ersten Preis für deutschsprachige Liebesromanliteratur, war und ist noch bis zur Veranstaltung im Mai sehr aufwändig. Da die Tätigkeit ehrenamtlich ist, muss ich mich bei Zeitknappheit meistens für den Brotberuf, das Schreiben entscheiden. Zum Glück stehen mir mit Eva Völler und Petra Last zwei Kolleginnen im Vorstand zur Seite, auf die ich mich jederzeit verlassen kann!!

Du bist eine vielbeschäftigte Autorin. Du hast bereits Romane für Heyne und Moments, ein Sachbuch für Piper und Drehbücher und Exposés geschrieben. Dein Roman "Club der grünen Witwe" wurde sogar verfilmt. Wie kamst Du eigentlich zum Schreiben und war es schwer für Dich einen Verlag zu finden? Dein Erfolg spricht ja nun auch für sich.
Es war einmal eine 14jährige, die hat ihre ersten eigenen Geschichten geschrieben, gelocht, gebunden und mit Abziehbildern und Fotos aus Katalogen beklebt - so ging es los. Später habe ich lange Zeit nur noch beruflich geschrieben, z.B. auch Pressemitteilungen und Reden für Regierungspräsidenten und Minister. Diese Art von Schreiben erforderte auch viel Kreativität und ließ keinen Raum für andere Themen. Dann übernahm ich andere Aufgabengebiete, ich wurde schwanger - und plötzlich wuchs die Lust am kreativem Schreiben. 1994 erschien der erste Erzählband von mir, 1996 der erste Roman "Club der grünen Witwen" - seitdem veröffentliche ich regelmäßig. Ich hoffe, dass der Tag, an dem ich mich selbst beim Schreiben langweile, nie einkehrt. Vermutlich wäre das der Anfang vom Ende ...

Hast Du eine Lieblingsautorin und was liest Du gerade?
Als Jury-Mitglied für den DeLiA-Preis lese ich zurzeit vorrangig die Bücher, die am Wettbewerb teilnehmen. Eine Lieblingsautorin im eigentlichen Sinne habe ich nicht. Aber ich mag Bücher z.B. von Barbara Erskine, Mary Higgins Clark, Susan E. Philipps, um nur einige zu nennen. Diese Autorinnen beherrschen ihr Handwerk und verstehen es zu fesseln. Leider gibt es auch viele andere, die ich spätestens nach 50 Seiten weglege. Und meine hoch geschätzten deutschsprachigen KollegInnen erwähne ich an dieser Stelle nur deshalb nicht, um keine Rückschlüsse auf meine Jury-Auswahl zu ermöglichen ;-))

Warum eigentlich Liebesromane? Du engagierst Dich durch Delia ja auch sehr für dieses Thema. Warum liegt es Dir so sehr am Herzen?
Wie heißt es so schön? An ihren Taten sollt ihr sie erkennen ;-) Ich bin eigentlich ein sehr harmoniebedürftiger Mensch. Aber wenn ich Ungerechtigkeit in Dingen wittere, die mir am Herzen liegen, schreite ich zur Gegenwehr. Es gibt tatsächlich Menschen, die mein Buch in der Hand halten und mir sagen: " Ich habe herzlich gelacht und dank Ihnen ein paar wirklich schöne Stunden erlebt - auch wenn es nur Unterhaltung ist." Verflixt! Was ist so schlimm daran, gut zu unterhalten? Warum ist es in Deutschland ehrenwerter, sich mit Mord und Todschlag zu beschäftigen als mit einem Liebesroman? Wobei für mich und für uns DeLiAs ein Liebesroman nicht gleichzusetzen ist mit einem Happy End. Liebe ist für mich das elementare Gefühl schlechthin. Hass, Neid, Rachsucht, Gier - meist sind sie nichts anderes als die Folgen zurückgewiesener Liebe und verletzter Gefühle. Deshalb halte ich es für völlig falsch, dass ausgerechnet die Menschen, die sich mit Liebe und gerade auch mit Liebesromanen beschäftigen, in den Untergrund abtauchen oder sich gar für ihre positiven Gefühle schämen. Ich bin gegen schablonenhaftes Schreiben und "ausgelutschte" Plots. Aber für den Liebesroman und deutschsprachige AutorInnen, die das Genre wirklich ernst nehmen!!

Vielen Dank für das Interview!
Ich danke dir auch!