Raabe, Melanie: Die Wahrheit

Verlag: btb
erschienen:
2016
Seiten:
448
Ausgabe:
Klappenbroschur
ISBN:
3442754925

Klappentext:

Vor sieben Jahren ist der reiche und zurückgezogen lebende Geschäftsmann Philipp Petersen während einer Südamerikareise spurlos verschwunden. Seither zieht seine Frau Sarah (37) den gemeinsamen Sohn alleine groß. Doch dann erhält Sarah wie aus heiterem Himmel die Nachricht, dass Philipp am Leben ist. Die Rückkehr des vermeintlichen Entführungsopfers löst ein gewaltiges Medieninteresse aus. Sarah hat zwiespältige Gefühle, nach all der Zeit verständlich. Sie hat eine harte Zeit hinter sich. Gerade war sie dabei, sich von der Vergangenheit zu lösen. Ihr Ehemann taucht, wenn man so will, zur Unzeit auf. Was wird werden? Gibt es eine gemeinsame Zukunft? Sie ist auf alles vorbereitet, nur auf das eine nicht: Der Mann, der aus dem Flugzeug steigt, ist nicht der, als der er sich ausgibt. Es ist nicht ihr Ehemann. Es ist ein Fremder – und er droht Sarah: Wenn sie ihn jetzt bloßstelle, werde sie alles verlieren: ihren Mann, ihr Kind, ihr ganzes scheinbar so perfektes Leben …

Rezension:

Melanie Raabes Debütroman „Die Falle“ fand ich einfach großartig. Plot, Sprache, Figuren, Spannungsaufbau – alles war für mich großes Kino. Geblieben ist davon in ihrem neuen Thriller „Die Wahrheit“ nur noch die packende Sprache, die sich wohltuend vom Einerlei des Genres abhebt. Alles andere hat mich leider überhaupt nicht überzeugt.

Meine Erwartung war nach dem Erstling selbstverständlich sehr hoch und anfangs war ich auch durchaus gepackt vom Innenleben der Protagonistin, die versucht nach dem Verschwinden ihres Mannes ihr Leben für ihren Sohn weiterzuführen. Sie erzählt von Erinnerungen, von Gemeinsamkeiten, von der Leere und dem Schmerz und dann taucht Philipp plötzlich wieder auf und der Roman nimmt seinen konstruierten Lauf.

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Für mich gibt es von Anfang an in Bezug auf die Befreiung viel zu viele Ungereimtheiten. Sarah erkennt sofort, dass der vermeintlich Befreite nicht ihr Ehemann ist, sondern ein Betrüger. Das alle anderen dies nicht erkennen, wird damit begründet, dass es keine Fotos von Philipp gibt. Wer bitte soll glauben, dass der Geschäftsführer eines milliardenschweren Unternehmens fotographisch nicht bekannt ist? Schon gar nicht, wenn dieser entführt wird und man jahrelang versucht ihn zu finden. Mit welchen Hilfsmitteln hat man denn versucht ihn zu finden? Mit einer Wünschelrute? Im Prinzip bricht hier schon das ganze Konstrukt des Thrillers in sich zusammen.

Auch wie Sarah und der Fremde sich in ihrem „gemeinsamen“ Haus verhalten, ist mehr als seltsam. Der Fremde verschwindet ab und zu, Sarah ebenfalls. Keiner hat irgendwie wirklich Gewalt über den anderen und weiß nicht, was der andere vielleicht gerade tut, wenn er nicht im Haus ist. Es gibt viel zu viele Unwägbarkeiten. Als Sarah den Fremden unbemerkt bei einem Spaziergang durch die Stadt beschattet, hält er bei einem Haus und redet mit einem Mann, der Sarah bekannt vorkommt. Es dauert viele viele Seiten, bis Sarah herausfindet, woher sie den Mann kennt. Ich habe mich gefragt, wieso sie nicht einfach auf das Klingelschild geschaut hat.

Dennoch ist das Katz- und Mausspiel zwischen Sarah und dem Fremden durchaus packend, weil man natürlich wissen will, wer sich hinter diesem Mann verbirgt und was mit Philipp passiert ist. Durch die Ich-Perspektive erlebt man Sarahs Angst und ihre Gefühle hautnah mit, während der Fremde trotz kurzer Einschübe aus seiner Sicht, undurchschaubar bleibt, was so natürlich auch beabsichtigt ist.

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Der Schluss wurde bereits in einigen Rezensionen bemängelt. Ich finde ihn aber eigentlich schlüssig und durchaus nicht unkreativ. Für mich hat einfach der Weg zum Ziel zu viele Logikfehler. Deswegen funktioniert „Die Wahrheit“ für mich als Thriller nur bedingt. Mich haben leider auch die Figuren eher kalt gelassen. Obwohl das plötzliche Verschwinden des Ehemanns natürlich ein einschneidendes und traumatisches Ereignis ist,  fand ich Sarah seltsam unterkühlt. Auch wird in Rückblenden nach und nach verdeutlicht, dass sie und ihr Mann Probleme hatten. Letztlich steht doch sehr viel Misstrauen zwischen den beiden, wo mir aber leider auch die Beweggründe gefehlt haben. Erst als liebevolles Paar beschrieben, erläutert Melanie Raabe nicht, wo es zu einem Bruch kam oder wieso sich die Beziehung so stark verändert hat.

Das nächste Buch der Autorin werde ich trotzdem wieder lesen, denn ihre Art zu schreiben, finde ich sehr eindringlich und für einen Thriller fast schon literarisch. Ich hoffe jedoch, dass auch die Geschichte dann wieder etwas mehr zu bieten hat. Ganz hervorragend finde ich übrigens das unterkühlte Cover, welches mit der abgeschnittenen Strähne sogar einen Bezug zum Inhalt hat.

Note: 3-

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