Loibelsberger, Gerhard: Todeswalzer

Verlag: Gmeiner
erschienen:
2009
Seiten:
414
Ausgabe:
Taschenbuch
ISBN:
383921467X

Klappentext:

Wien 1914. Zeitgleich mit Erzherzog Franz Ferdinand wird ein junger Mann ermordet. Inspector Nechyba kehrt aus seiner Kur zurück nach Wien, um die Ermittlungen zu übernehmen. In einer Atmosphäre des patriotischen Wahns und der Kriegshetze sucht er einen Serienmörder, der im Huren- und Zuhältermilieu sein Unwesen treibt. Während die Schlachten des Ersten Weltkriegs beginnen, kommt Joseph Maria Nechyba einer traumatisch gestörten Persönlichkeit auf die Spur, die ihre Opfer gnadenlos abschlachtet.

Rezension:

Ich habe mich sehr auf diesen Roman gefreut, vor allem, weil durch die Pressestimmen auf dem Klappentext auch Altwiener Rezepte und Kaffeehausatmosphäre versprochen werden. Da fragt man sich doch, ob Journalisten nur schreiben oder auch lesen. Von der Kaffeehausatmosphäre war nämlich leider nur am Rande etwas zu spüren, nämlich dann, wenn der dicke Kommissar wieder einmal essen geht. Das tut er sehr oft. So oft, dass es dem Leser zu den Ohren rauskommt. Hat der Autor hier einen Textbaustein verwandt, den er zigmal geringfügig variiert, um eine gewisse Seitenanzahl vollzubekommen?

Nechyba, die Hauptfigur und Ermittler in diesem Krimi ist mir eher unsympathisch. Er ist nicht nur ein Fresssack, sondern auch ein Schläger und voll von Vorurteilen. Außerdem empfand ich ihn als zu modern für einen Roman, der im Jahr 1914 spielt.  Daher kam bei mir auch nur wenig vom versprochenen Wiener Schmäh, dass ich normalerweise recht charmant finde, an. Der Vollständigkeit halber sei aber erwähnt, dass auf jeder Seite mehrere Begriffe und Aussagen im Wiener Dialekt auftauchen. Diese sind in der Regel mit einer Fußnote erklärt. Echte Wienfans kommen daher schon auf ihre Kosten. Auch Örtlichkeiten werden mehrfach benannt, aber leider kaum beschrieben. Mit alten österreichischen Familiennamen kenne ich mich leider nicht aus, vielleicht belehrt mich ja jemand eines besseren. Aber mir kamen die Namen wenig authentisch vor. Nechyba, Karminsky, Pospischil. Hieß man so früher wirklich?

Der Kriminalfall an sich ist unspektakulär. Das Ende ist wenig originell, aber wenigstens nicht voraussehbar. Gelacht habe ich allerdings an einer Stelle, die ich hier kurz zitieren möchte:

„Sind sie der Herr Graf?“
Der Große gab ihm einen Rempler und ergänzte: „Der Fotograf wollte er sagen.“

Sprachlich finde ich den Roman interessant aufgrund des großen Teils im Wiener Dialekt. Ansonsten ist er nicht übermäßig anspruchsvoll. Ich denke aber trotzdem dass er einen gewissen literarischen Anspruch hat, der über gewöhnliche Unterhaltungsliteratur hinausgeht. Ich habe immer wieder an Gerhard Roth „Am Abgrund“ denken müssen. Ach ja, auf dem Klappentext steht, dass die Handlung während des Ausbruchs des Ersten Weltkriegs spielt. Das stimmt. Und Loibelsberger fügt auch ein letztes Kapitel und einige wenige Passagen ein, in denen der Krieg eine Rolle spielt. Für die Haupthandlung ist dies jedoch völlig irrelevant.

Was hier größtenteils wie ein Verriss klingt, ist in Wirklichkeit keiner. Ich habe mich beim Lesen, es waren ja auch nur wenige Stunden, nicht gelangweilt. Aber ein weiterer Loibelsberger kommt mir erstmal nicht in den SUB.

Note: 3-

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  • Das ist meiner Meinung nach, der Unterschied zwischen einem ganz netten und einem wirklich guten Krimi. Letzerer macht Appetit auf mehr (vom selben Autor). Aber, ist doch auch ganz gut, dass einem nicht alle Autoren gleich gut gefallen. sonst würden wir ja endgültig in Bücherbergen untergehen :-)