Gentry, Amy: Good as Gone

Originaltitel: Good as Gone
Verlag:
C. Bertelsmann
erschienen:
2017
Seiten:
320
Ausgabe:
Klappenbroschur
ISBN:
3570103234
Übersetzung:
Astrid Arz

Klappentext:

Tom und Anna haben das Schlimmste erlebt, was sich Eltern vorstellen können: Ihre 13-jährige Tochter Julie wurde entführt, alle Suchaktionen waren vergebens, die Polizei hat den Fall längst zu den Akten gelegt. Acht Jahre später taucht plötzlich eine junge Frau auf und behauptet, die vermisste Tochter zu sein. Die Familie kann ihr Glück kaum fassen. Doch schon bald spüren alle, dass die Geschichte der Verschwundenen nicht aufgeht. Anna hegt einen furchtbaren Verdacht. Sie macht sich auf die Suche nach der Wahrheit über die junge Frau, von der sie inständig hofft, dass es ihre Tochter ist, die ihr gleichzeitig aber auch fremd erscheint und das gesamte Familiengefüge gefährlich ins Wanken bringt …

Rezension:

In Thrillern dieser Art interessiert mich immer besonders, wie die betroffenen Familien mit so einer ungewöhnlichen und lebensverändernden Situation umgehen. Deswegen hat mich der Klappentext sofort interessiert, obwohl ich das Cover wenig inspirierend fand und es in einer Buchhandlung wohl kaum meine Aufmerksamkeit erregt hätte. Diese „Gone Girl“ Klone finde ich ziemlich ermüdend. Glücklicherweise durchforste ich immer manisch jede Verlagsvorschau, sonst wäre mir „Good as gone“ wohl entgangen.

Amy Gentry Debütroman ist jedoch mehr Charakterstudie als Thriller. Zwar gibt es ein paar Wendungen und das Buch lebt auch von der Frage, ob Julie denn nun Julie oder jemand anderes ist, aber viel wichtiger war für mich das Innenleben der Figuren.

Die Autorin wechselt öfter die Erzählperspektive. Aus der Sicht von Anna erleben wir das Wiedersehen mit ihrer seit acht Jahren vermissten Tochter. Und immer wieder gibt es Rückblenden eines Mädchens, das sich wie eine Schlange häutet und mehrere Male eine neue Identität annimmt.

Anna ist selbstverständlich gezeichnet von den Geschehnissen um die Entführung ihrer Tochter. Sowohl ihre Ehe, als auch die Beziehung zu ihrer anderen Tochter Jane ist belastet. Anna selbst wirkt auf den Leser manchmal fast kühl, viel zu sachlich, aber dies bricht immer mehr auf und durch Annas Zweifel und Gedanken, ist das Trauma welches sie durchlitten hat, gut spürbar.

Auch die Rückblenden sind sehr eindrücklich. Natürlich ahnt man bald, dass es sich bei der jungen Frau mit den vielen Identitäten um die Julie handelt, die als zurückgekehrte Tochter das Familienleben der Whitakers komplett auf den Kopf stellt. Bis zum Schluss weiß man jedoch nicht, ob es sich dabei letztlich wirklich um Julie handelt. Die Qualen, die innere Zerrissenheit dieser Figur sind einfach großartig dargestellt. Die junge Frau fühlt sich an wie eine leere Hülle, die sich beliebig oft verwandeln kann, um irgendwie zu überleben.

Die Frage in „Good as gone“ ist also nicht, wer ist der Täter oder wer ist Julie, sondern was macht unsere eigene Identität eigentlich aus. Wer sind wir? Wie können wir überleben? Wie verändern uns Schicksalsschläge, Traumata, etc. Wie verändern sich unsere Beziehungen zu anderen Menschen, wenn wir gebrochen sind, wenn wir enttäuscht wurden, wenn wir Angst vor Nähe haben. Der Roman wirft überall Fragen auf und gibt keine einfachen Antworten. Tatsächlich bleibt er die Antwort hie und da sogar schuldig, weil es eben manchmal keine gibt.

Besonders beeindruckt hat mich allerdings Amy Gentrys Sprache. Auf der einen Seite knapp und sachlich, was eben auch der erzählenden Figuren geschuldet ist, aber andererseits sehr feinfühlig mit dem Blick für die kleinen Unsicherheiten der Protagonisten, die trotz ihrer oberflächlichen Stärke das eigentliche Drama zeigen.

Alle Figuren sind sehr gut ausgearbeitet, auch wenn gegenüber Anna und Julie der Ehemann und die zweite Tochter etwas abfallen. Es gehört jedoch auf jeden Fall eine Menge Talent dazu  die unglaubliche Geschichte der Entführung nicht ins Abstruse abdriften zu lassen. Auch wenn die Figuren sich manchmal merkwürdig verhalten, so fand ich es immer glaubwürdig. Die furchtbaren Situationen zwingen sie einfach immer wieder dazu. Da kann ich auch darüber hinwegsehen, dass ich eigentlich schon recht früh wusste, wie der Roman enden wird.

Note: 2

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