Die Blutschrift/Brethren von Robin Young

Begonnen von Grisel, 25. März 2007, 21:16:38

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Grisel

Die kommende deutsche Ausgabe:
[isbn]3442366577[/isbn]

Die von mir gelesene englische Ausgabe:
[isbn]0340839716[/isbn]

Inhalt:
1260. Der junge Schotte Will Campbell bereitet sich im Londoner Temple auf ein Leben als Tempelritter vor. Er tut dies aber nicht aus Überzeugung, sondern weil er hofft, so die Vergebung seines Vaters zu erhalten für eine Tat aus seiner Kindheit, die ihn immer noch quält.
Zufällig gerät er in die Dienste des unfreundlichen Templerpriesters Everard, der in ein Geheimnis verwickelt ist, das den Templerorden vernichten könnte, speziell, wenn das mysteriöse verschollene Gralsbuch in die falschen Hände gerät.
Parallel dazu wird der Aufstieg des Mameluckenemirs Baibars erzählt, der zum Sargnagel der christlichen Reiche Outremers werden wird.

Autorin:
http://www.robynyoung.com/biog.html
Geboren 1975 in Oxford hatte Robin Young schon früh Erfahrungen im Schreiben, kam aber erst über verschiedene Umwege zu ihrem Beruf als Schriftstellerin. Das vorliegende Buch ist ihr Debütroman.

Meinung:
Es ist nicht Youngs Schuld, daß sie nicht das Buch geschrieben hat, daß ich lesen wollte. Gralsgeheimnistempler sind nun mal einfach offenbar sehr viel mehr gefragt, als solche, die einfach und schlicht und ergreifend Templer sind. So wie eine fantastische Geschichte über ein solches Geheimnis nun mal offensichtlich weit fesselnder ist, als die überlieferte Ordensgeschichte. (Hanny Alders, Cecelia Holland und Jan Guillou bewiesen das Gegenteil, sind aber bis auf wenige andere Ausnahmen einsame Felsen in einer Verschwörungs-See.)
Außerdem würden sich zeitgenössische Leser mit einem "echten" Templer wahrscheinlich viel zu schwer tun. Lieber jemand, der nach einigen Plagen erkennt, daß Frieden und Ausgleich das entscheidende sind, als etwa gar um jeden (unmoralischen! politisch unkorrekten!) Preis zu versuchen, die vom Untergang bedrohten Besitzungen in Outremer zu schützen. Wie auch immer. Young ist hier nur eine von vielen und das kann ich ihr persönlich nicht anlasten.

Geschmackssache ist es wohl auch, daß sogar ihr Baibars einen "verständlichen" Grund hat für seinen fanatischen Haß auf alles fränkische. Zu versuchen, den Mann als Mann seines Hintergrunds und seiner Zeit zu zeigen, wäre wohl zu viel verlangt gewesen. Einfacher ist es, ihm ein Franken-, offenbar sogar Templertrauma anzudichten. Alles andere wäre ebenfalls politisch unkorrekt und könnte den Leser verstören. (*Ironie*)

Was ich ihr aber sehr wohl anlasten kann, ist die Tatsache, daß sie eine Menge Fehler macht und zwar nicht nur kleine und unbedeutende, wie sie jeder macht und wie sie passieren können.

Die Entstehungsgeschichte der geheimen "Seele des Tempels" hat Lücken so groß wie die Hörner von Hattin, da sie dabei eine der Schlüsselfiguren in den auslösenden Ereignissen komplett ausklammert. Daß Baibars im zarten Alter von 18 erst zu den Mamelucken kam, erstaunt auch ziemlich, dachte ich doch stets naiv, die hätten mit Kindern, oder zumindest jungen Jugendlichen begonnen.

Ihre Templer sind wohl die liberalsten, die mir bislang (mit Ausnahme wohl nur von Caiseal Mor) untergekommen sind. Da haben wir Templer, die an ihre Frauen und Kinder denken, Templer, die davon sprechen, einfach heimlich zu heiraten, Templer, die ungehindert und allein im Temple zu Paris und Akkon aus- und eingehen, wie es ihnen gerade Spaß macht, Templer, die ungehindert Briefe nach außen, an Frauen u.a., schicken und gleichermaßen empfangen und zuguterletzt Templer, die die letzten Söhne ihrer Familien sind und davon sprechen, daß sie so gern besagte Familien wieder zu Macht und Reichtum bringen wollen.

Es ist wirklich zum Heulen, denn das Geheimnis und die Verknüpfung mit den Gralslegenden ist grundsätzlich gut ausgedacht. Genauso, wie auch immer wieder Ansätze sind, die Geschichte der Geschichte anzugleichen. Aber, entweder diese Ansätze verlaufen im Sand, oder sie enden in oben erwähnten Fragwürdigkeiten. Nur ein bißchen mehr Mühe, ein bißchen mehr Blick auf die Details in den angeblich über 100 Büchern, die die Autorin gelesen haben will, und wir hätten ein ganz anderes Buch.

Klar, für die unter uns, die einfach nur eine unterhaltsame Geschichte lesen wollen, denen Templer entweder ohnehin sonstwo vorbeigehen oder denen das Schildchen Templer reicht, um eine Figur als solchen zu betrachten, denen kann das alles egal sein und die können das Buch vermutlich sogar unbeschränkt genießen.

Aber, ist es eine unterhaltsame Geschichte? Das Buch hat sich streckenweise durchaus nicht uninteressant gelesen und unter Ausklammerung des (mich) enervierenden Umgangs mit der Geschichte mag das zum Erfolg führen. Doch hat sich für mich dieses traurige "ich will, aber ich kann nicht so recht" auch hier fortgesetzt. Denn wann immer ich mir bei einer Figur dachte, diese könnte interessant sein oder sich interessant entwickeln, hat dort schon der Sensenmann gelauert. Somit enden wir mit einem Helden, der mir nicht unsympathisch, sondern eher aufgrund seiner Blässe egal war und anderen Figuren, die sich nicht so recht entwickeln wollten. Selbst der vielleicht interessanteste, weil zwiespältigste, wirkte eigentlich weniger zwiespältig, als einfach unausgegoren. Das unvermeidliche Mädchen, das sich nicht in die gesellschaftlichen Zwänge fügen will, ist da eigentlich ohnehin nur noch der Zuckerguß. Der einzige, der positiv heraussticht, ist der intrigante Prinz Edward von England.

Wegen der Ansätze stampfe ich dieses Buch nicht in Grund und Boden und bin sogar tapfer bereit, mindestens noch Band 2 zu lesen. Aber es ist ärgerlich und traurig, wie sich diese guten Ansätze (nicht) entwickelt haben. Leider beweist mir dieses Buch wieder einmal, warum ich Romane über gewisse Themen oft erst zigmal vorsichtig beschnuppere, bevor ich mich auf sie einlasse. Es leben die lobenden Ausnahmen, sonst könnte ich den Glauben an die historischen Romane ganz verlieren.

edit, die Zweite:
[note3-]

Rachel

Hi Grisel!

Vielen Dank für deine Rezi.

Wirklich schade, dass das Buch nicht doch noch besser geworden ist. So werde ich das Buch wohl erstmal von meiner Liste streichen, zumal ich deine Kritikpunkte auch als extrem störend empfinden würde. Immerhin, ein Buch weniger auf dem SUB.

Tschüß,
Rachel

Steffi

Hallo Grisel!

Doch die Kisten sind die Noten-Buttons!

Liebe Grüße,
Steffi
Ich lese gerade:
Steve Cavanah: Zu wenig Zeit zum Sterben
Taylor Jenkins Reid: Daisy Jones and the Six
Heidi Furre: Macht
        als nächstes auf dem SUB
Lea Stein: Altes Leid
Faith Jones: Ungehorsam


Grisel

@Rachel: Naja, dann war es doch immerhin dafür gut. Andere historisch-pingelige Rezensenten haben mich auch schon vor Fehlkäufen bewahrt.
Trotzdem, wegen der guten, leider im Sande verlaufenden Ansätze kriegt sie mit Band 2 wahrscheinlich doch noch eine Chance. Wahrscheinlich.

@Steffi: Danke! Jetzt habe ich Blindfisch es doch noch geschafft!

Rachel

Hi Grisel!

Dafür bin ich Dir beim nächsten Buch, dass ich wegen Dir kaufe, auch nicht böse. :)

Sehr tapfer, dass Du Young nach der Rezension noch eine zweite Chance geben willst. Falls der zweite Band um Längen besser ist, kannst Du mir ja Bescheid geben. :)

Tschüß,
Rachel

Grisel

Hi Rachel!

Cool, ich habe ein straffreie Buchempfehlung bei Dir gut!  :funkey:

Ich muß fair bleiben, immerhin habe ich gerade bei Read etwas gelesen, was mich dazu zwingt, mich zumindest in einem Kritikpunkt bei Young entschuldigen zu müssen. Aber, halt nur einmal ...

Manche Bücher schaffen es halt doch irgendwie, einen trotz des Ärgers weiter neugierig zu machen. Und, wie gesagt, sie ist kein hoffnungsloser Fall, da sie sich zumindest zeitweise bemüht. Das hat mich ja so irre gemacht, weil das ein ganz anderes Buch hätte werden können, mit ein bißchen mehr Aufmerksamkeit oder gutem Willen.
Aber, ich garantiere für nichts wenn der Tempelritterheld dann doch die total überflüssige Frau heimlich heiratet, wie angedroht. In dem Fall könnte es sein, daß ich eine neue Fensterscheibe brauche.
Außerdem, ins Auge gefasst ist noch lange nicht gekauft oder gar gelesen.

Bye,

Grisel

DG7NCA

Hallo

Hier nun meine Einschätzung zu dem Buch.

Will Campbell kommt als Junge zu den Tempelritter und soll dort einst auch als Nachfolger seines Vaters initiert werden. Doch durch seine rebellische Art tappt er in die unterschiedlichsten Fettnäppfchen. Während dessen wird einem Priester einer geheimen Bruderschaft ein Buch gestohlen mit brisantem Inhalt. Dadurch wird Will auch mit seinem Kindheitsfreund Garin entzweit.
Als Will beauftragt wird diese Buch wieder zu beschaffen gerät er in eine Spirale von Lügen,Gewalt und Verrat. Auch seine zarten Gefühle für Elwen bringen in Schwierigkeiten. Im Zuge der Geschehnisse führt in sein Weg bis ins Heilige Land und in die höchsten Kreise des Geheimbundes.

Alles in allem war es ein gutes Buch. Es hat sich fast immer flüssig gelesen und auch einige der Protagonisten fand ich interessant. Teilweise durch ihr Schurkisches auftreten, teilweise durch ihre Charakterschwächen oder ihre Träume und Ziele.
Es waren keine Figuren dabei die nur "Gut" waren. Nur Böse gabs, ja  ROOK, das war mein Prügelknabe!!
Will war mir aber manchmal zu "schuldbewußt", Und Elwen hin und wieder auch nicht so "Rund" als Figur. Einerseits war sie "tough" andererseits aber zu verträumt. Ich weiß nicht so warm wurde ich mit ihr nicht.
Eine Lieblingsfigur war für mich eindeutig Simon. Der Bursche hat was für mich, potential und ich würde gern mehr von ihm lesen.

Was mir bei der Einteilung etwas Probleme bereitet hat war, das in einigen Abschnitten plötzlich Zeitsprünge waren. Nicht das sie überhaupt im Buch vorkamen, sonder zum Abschnitts posten.

Der Plot der Anima Templi war ein sehr guter Gedanke, aber teilweise im Konsenz der historischen Geschichte nicht überzeugend genug ausgearbeitet, das bemängle ich etwas.
Darum auch Punktabzüge von mir. Denn die Beschreibung der Templer/Ritter ist nicht so ganz mit den historischen Fakten konform.
Jemand der nicht so gut in dieser Materie bewandert ist fällt es sicher auch nicht auf. Dann, wie gesagt habe ich bei einigen Schlachtenszenen Filmausschnitte von Königreich der Himmel vor Augen, was nicht immer positiv war. Weil auch manche Kampfszenen unlogisch waren. Wie gesagt Templer und andere Ordensritter wurden zu Kampfmaschinen ausgebildet.

Die Autorin hat mit diesem Buch "versucht" eine Legende in historische Gegebenheiten zu verpacken, der Spagat zwischen Fakten und Fiktion ist ihr aber nicht immer gelungen.

Was ich positiv fand waren die unterschiedlichen Schauplätze zu fast genauen Zeiten. Die Geschehnisse führten von Anfang an auf einen gemeinsamen Strang zu. Zeigten wie verschiedene Handlungen doch irgendwie miteinander verflochten sind. Das machte für mich einen eigenen Reiz aus.

Bis auf einige Fachschwächen und manchmal Längen fand ich das Buch unterhaltsam und auch spannend.Die Figuren waren auch nicht immer "rund", manchmal fehlte es doch an "Leben". Wobei man schon merkt das es Band eins einer Trilogie ist. Zum Ende hin bleiben doch noch Fragen offen.
Alles in allem ein unterhaltsames Buch.

Meine Bewertung: [note2-]
Liebe Grüße    
DG7NCA/Carola


Jedes neue Buch
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