Der Farbensammler - Kerstin Waas

Begonnen von Christiane, 29. November 2015, 23:42:00

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Christiane

[isbn]978-3944464336[/isbn]

Der Klappentext:
Castell, im Jahre 1453 Das Unglück klebt wie nachtschwarzes Pech an den Herrschern der fränkischen Grafschaft: Leonhard, Sohn des Grafen Wilhelm II zu Castell, stürzt vom Pferd und verletzt sich dabei tödlich. Wenige Wochen später scheidet seine Mutter an einer rätselhaften Krankheit dahin. Schließlich verschwindet auch noch ein Ritter des Grafen spurlos. Während die einen flüstern, das Böse habe Einzug gehalten in Castell, sprechen die anderen von bloßen Unglücksfällen. Niemand will der Wahrheit ins Auge sehen, bis der älteste Grafensohn zur Beisetzung zurück nach Hause kommt. An seiner Seite befindet sich der junge Benediktinermönch und Buchmaler Auberlin. Schon bald beginnen die beiden, die merkwürdigen Todesfälle zu untersuchen. Wird es ihnen mit Hilfe von Auberlins besonderer Gabe, die er selbst ,das Farbbewahren' nennt, gelingen, Licht ins Dunkel zu bringen?


Meine Meinung:
Das Buch beginnt mit einem Prolog, bei dem eine Sauhatz mit dramatischem Ausgang geschildert wird. Spannend erzählt, mit einer gut verpackten Einführung einiger wichtiger Figuren, ist dieser Einstieg dazu angetan den Leser sofort in die Geschichte zu ziehen.
Der einzige Stolperstein ist leider der Klappentext. Denn der erzählt, dass nach dem Unfalltod von Leonhard bei der Jagd, der älteste Sohn des Grafen, heimkommt. Im Buch ist jedoch Leonhard der ältere der beiden Söhne. So ein Widerspruch reißt mich aus dem Lesefluss, stört das Eintauchen in die Geschichte.

Der Erzählstil ist zum Teil ein wenig holprig. An manchen Stellen macht der Versuch, die Sprache ans 15 Jh. anzupassen die Sätze etwas steif und nimmt dadurch zu viel Spannung raus. Im Großen und Ganzen liest sich das Buch trotzdem gut und locker.
Besonders schön sind die Kapitelnamen: mit pfefferminzgrün, holunderblau und andere phantasievolle Farbschattierungen kann der Leser wie Auberlin Farben sammeln. Ich hätte mir aber gewünscht, dass diese so besondere Fähigkeit des Protagonisten in der Geschichte einen größeren Raum einnimmt und sich die Farbe des jeweiligen Kapitels im Inhalt mehr widerfindet.

Auberlin, ein junger Mönch, ist die Hauptfigur der Geschichte. Er ist der Farbensammler, ein netter, etwas naiver junger Kerl. Seine Handlungen sind nicht immer logisch nachvollziehbar und das kann man nicht nur auf seine Naivität schieben.
Auch die übrigen Figuren bleiben oft zu eindimensional, zu hölzern. Nur Barbara, die Hebamme, erscheint lebendiger und der Leser kann sich meist gut in sie hineinversetzen.
Die Krimi-Handlung ist oft undurchsichtig und verworren. Einige der falschen Fährten strapazieren die Phantasie schon sehr und der Fortgang der Untersuchung erscheint oft wenig logisch. Die Auflösung des Falls kommt dann überraschend einfach. Um diese spezielle Farbe zu erkennen hätte es gewiss keinen Farbensammler gebraucht.
Auch die Nebenhandlung, bei der es um das Verschwinden von Auberlins Eltern geht, ist nur in Teilen nachvollziehbar.

Besonders interessant sind die abschließenden Ausführungen, in denen die Autorin auf den historischen Kontext eingeht. Hier stellt sie die Fakten zusammen, die den Rahmen für ihre Geschichte bilden und  legt dar, wo sie sich ,künstlerische Freiheiten' erlaubt hat – ein großes Plus für jeden historischen Roman.

Trotz der Kritikpunkte war die Geschichte doch spannend genug, um mich bis zum Ende bei der Stange zu halten. Abschließend würde ich aber sagen, dass das Buch eher für Jugendliche zu empfehlen ist.

Note:
[note3]
Staunt euch die Augen aus dem Kopf, lebt, als würdet ihr in zehn Sekunden tot umfallen. Bereist die Welt. Sie ist fantastischer als jeder Traum, der in einer Fabrik hergestellt wird.
Ray Bradbury (1920 - 2012)