Vosseler, Nicole C.: Sterne über Sansibar

Verlag: Lübbe
erschienen:
2010
Seiten:
540 Seiten
Ausgabe:
Hardcover
ISBN:
3785723814

Klappentext:

Unbeschwert verlebt Sayyida Salima bint Said, die Tochter des Sultans, ihre Kindheit und Jugend auf der Gewürzinsel. Ihr Halbbruder Majid bringt ihr Reiten und Schießen bei, heimlich lernt sie Lesen, Schreiben und fremde Sprachen. Als die junge Frau dem wohlhabenden deutschen Kaufmann Heinrich begegnet, kommen sich zwei Welten näher. Die beiden verlieben sich und schon bald erwartet Salima ein Kind. Für eine muslimische Prinzessin ist ein uneheliches Kind jedoch undenkbar. Eine Heirat mit einem Ungläubigen kommt allerdings nicht in Frage. Als Ausweg bleibt nur die Flucht: Sie muss ihr Leben aufgeben, ihren Namen, ihr Vermögen. In Heinrichs Heimatstadt Hamburg hofft das junge Paar glücklich zu werden. Doch was erwartet Salima in dem kalten, fremden Land, das ihrer Heimat so weit entfernt ist?

Rezension:

Mit dem neuesten Roman „Sterne über Sansibar“ beschreitet Nicole C. Vosseler für sich ganz neue Wege. Zwar hatten historische Persönlichkeiten bereits in ihren bisherigen Romanen mehr oder weniger viel Raum eingenommen, die Protagonisten waren allerdings bisher ausnahmslos fiktiv.

Mit „Sterne über Sansibar“ ändert sich das nun, denn hier erzählt Nicole C. Vosseler das Leben der keineswegs fiktiven sansibarischen Prinzessin Sayyida Salima bint Sa’id, die 1844 in Sansibar als Tochter des Sultans Sayyid Sa’id bin Sultan zur Welt kam und als Emily Ruete zu Grabe getragen wurde. Anhand von Salimas eigenen Aufzeichnungen und offiziellen Dokumenten rekonstruiert die Autorin das spannende, von Schicksalsschlägen und Liebe geprägte Leben dieser außergewöhnlichen Frau ihrer Zeit. Der Leser begleitet Salima von Kindesbeinen an, erlebt mit wie sie zur jungen, selbstbewussten Frau heran wächst und ihrer großen Liebe wegen alles, was ihr bisher lieb und teuer war, hinter sich zurück lässt und ein neues, für sie fremdes Leben beginnt, um abermals vom Schicksal geprüft zu werden. Ihr Kampf um ihr Geburtsrecht ist ebenso bewegend dargestellt wie ihre Liebe zu Heinrich, so dass der Roman von der ersten bis zur letzten Seite fesselt und berührt.

Bereits der Prolog hatte es mir angetan und ließ mich mit einer Gänsehaut ins erste Kapitel einsteigen. Mit einer fast schon poetischen Sprache und absolut berührend schickt Nicole C. Vosseler den Leser in Salimas Leben, das sie ausgesprochen eindringlich, emotional, spannend und fesselnd zu erzählen vermag. In einem flüssigen, angenehmen Stil, mit wunderbar plastischen Beschreibungen schickt die Autorin den Leser auf eine Reise, die er nicht so schnell vergessen wird.

Auf Salimas Lebensweg lernt der Leser Sitten und Gebräuche Sansibars kennen, taucht ein in eine Welt voller Farben und Gerüche, in ein Kaleidoskop der unterschiedlichsten Kulturen und Sprachen. Nicole C. Vosseler versteht es grandios, alle Sinne des Lesers anzusprechen und versetzt ihn in eine Welt, in der er nahezu alles zu sehen, fühlen, hören und zu riechen glaubt. Dadurch entsteht eine solch dichte Atmosphäre, dass man sich geradezu danach sehnt, Salimas Sansibar mit eigenen Augen zu sehen.

In „Sterne über Sansibar“ ist selbstredend auch der historische Hintergrund zu seinem Recht gekommen und mit einbezogen worden. Nicht zuletzt, weil dieser für das Begreifen Salimas Leben unabdingbar ist. So finden die Machtbestrebungen Salimas ältester Brüder ebenso ihren Platz in der Handlung, wie auch die Kolonialpolitik Englands und Deutschlands. Zwar räumt die Autorin im Nachwort ein, die politischen Ereignisse dieser Zeit gestrafft zu haben, für mein Empfinden waren sie allerdings sehr zufriedenstellend und für das Verstehen der Geschichte absolut ausreichend und plausibel dargestellt.

Allein schon durch den exotischen Handlungsort fühlt man sich an das Buch gebunden. Und die sympathische Protagonistin Salima, mit ihren unzähligen Brüdern und Schwestern, macht es einem letztendlich unmöglich, sich davon zu lösen. Es gab viele Momente, in denen ich Salima ganz nahe war, in denen ich mich mit ihr identifizieren und sie bedingungslos verstehen konnte. Nicole C. Vosseler ist es gelungen, all ihren Figuren eine lebhafte Intensität zu verleihen, so dass dem Leser nicht nur die Protagonisten wie Salima oder Heinrich deutlich vor Augen stehen. Sicherlich sind die beiden mit die ausgefeilsten Charaktere der Handlung, aber ich konnte auch am Leben der anderen Figuren ohne Probleme teilhaben. Allerdings war es manchmal etwas schwierig durch den Dschungel an Brüdern und Schwestern hindurchzufinden – nicht zuletzt wegen ihrer exotischen Namen -, und zum Glück meinte es die Autorin gut mit ihren Lesern und hat ihrem Roman ein Personenregister angehängt. Das hat mir das Lesen an manchen Stellen wirklich erleichtert. Besonders gefreut habe ich mich über die Erwähnungen von Figuren, die ich in „Unter dem Safranmond“ kennengelernt und in mein Herz geschlossen habe. Diese Verknüpfung zwischen den beiden Büchern fand ich ungemein aufregend und lässt mich überlegen, ob ich demnächst nicht noch einmal „Unter dem Safranmond“ lesen sollte.

Obwohl mich „Sterne über Sansibar“ wirklich berühren konnte, vor allem am Ende hatte ich wirklich mit den Tränen zu kämpfen und eine Gänsehaut, die nicht mehr vergehen wollte, war ich nicht die ganze Zeit über gefühlsmäßig betont stark involviert, auch wenn mich Salimas Schicksal nicht kalt gelassen hat und ich wirklich in jeder Minute mit ihr geliebt, gelebt und gelitten habe. Vielleicht habe ich unbewusst versucht, Salimas tragische Lebensgeschichte nicht zu nah an mich herankommen zu lassen, aber mein persönlicher Eindruck ist, dass die emotionale Tiefe in diesem Roman nicht ganz so stark ausgeprägt ist wie z.B. in „Unter dem Safranmond“.

Fazit

„Sterne über Sansibar“ ist ein wunderbarer Roman über das wahre Leben einer außergewöhnlichen Frau. Berührend, spannend und nicht zuletzt vor Leben sprühend, dabei äußerst kurzweilig und ein großes Lesevergnügen! Mein Tipp für den Sommer!

Note:2+

Norman, Diana: Die Brautgabe

Originaltitel: The Morning Gift
Verlag:
dtv
erschienen:
1997
Seiten:
351
Ausgabe:
Taschenbuch
ISBN:
3423201460
Übersetzung:
Hanna Neves/Barbara Ostrop

Klappentext:

Hat Matilda de Risle eine Wahl? Sie ist fünfzehn, besitzt nach dem Tod ihrer Brüder ausgedehnte Ländereien in der Normandie, ein Lehen von König Henry I. – also muß sie, den Regularien der Zeit entsprechend, verheiratet werden. Der fette Sigward, ein Freund des Regenten, ist der Auserwählte. Er schenkt ihr aus Freude über die gelungene Hochzeitsnacht die Insel Dungesey, eine fast unzugängliche Moorlandschaft an der englischen Ostküste. In diese uwirtliche Gegend zieht sich Matilda zurück. Von hier aus verfolgt sie die rücksichtslosen Kämpfe um den Thron von England nach dem Tod Henrys I. Ihre Trauer ist maßvoll, als Sigward von der Geburt ihres Sohnes erfährt und vor Aufregung stirbt. Matilda wird ernuet gegen ihren Willen verheiratet. Der neue Herrscher Stephen von Blois, der widerrechtlich den Thron erobert hat, verspricht sie dem kränklichen Vincent of Luards. Dieser kennt nur ein Ziel: Er muß mit ihr einen Sohn zeugen, um an Matildas Landbesitz zu gelangen. Matilda aber wird um das Erbe ihres einzigen Sohnes kämpfen… 

Rezension:

„Die Brautgabe“ ist endlich mal wieder ein historischer Roman mit historischen Fakten und Persönlichkeiten und auch Kriegen. Die Zeit fand ich sehr gelungen gewählt, behandelt sie einen Bürgerkrieg in England, der uns nicht so bekannt ist. Ich zumindest wusste nicht, wer nach Wilhelm dem Eroberer auf dem Thron saß bis Heinrich II., der erste Plantagenet, England regierte. Und woher stammt der Begriff „Plantagenet“ Auch das erfährt man in diesem Roman.

Sprachlich und stilistisch habe ich gar nichts zu bemängeln. Im Gegenteil, in so manchem Diana Norman Roman hatte ich einige Zeit benötigt, um mich einzulesen, hier war ich sofort im Geschehen und die Seiten flogen nur so dahin.Ein wenig blutig und stellenweise sehr grausam geht es zu und ist unter Umständen nichts für die sehr zart besaitete Seele, aber es gibt auch schöne Momente, gelungene Landschaftsbeschreibungen und die Geschichte um Matilda de Risle, die versucht in diesem Krieg nicht unterzugehen, hat mir sehr gut gefallen. Die Geschichte ist schonungslos und nicht durch eine rosarote Brille betrachtet, was Matildas Leben sehr glaubwürdig macht.

Die Figuren sind sehr vielfältig, entwickeln sich – je nach Charakter auch nicht – und sind zum Glück nicht schwarz-weiß gezeichnet. Matilda de Risle ist dafür das allerbeste Beispiel. Sie ist keine Figur, die man am Anfang mag, sie ist herrisch, machthungrig und gnadenlos, schlichtweg unsympathisch. Aber sie wächst an den schweren Zeiten, sieht das Wesentliche und die Welt und das Leben Stück für Stück mit anderen Augen. Matilda wird zu einer sehr beeindruckenden Frau, die ich am Ende des Romans ungern hab gehen lassen. Das Leben hat sie gezeichnet, sie verändert…

Allerdings ist der Roman zu kurz, das Ende (für mich persönlich) zu offen, zu unbefriedigend. Auf 350 Seiten beschreibt Diana Norman 20 Jahre aus Matildas Leben und des Krieges zwischen König Stephan und Kaiserin Matilda. Das war definitiv zu wenig und vieles bleibt ungesagt und damit auf der Strecke. Ich vermute, dass die Autorin an manchen Stellen gezwungen war zu kürzen, denn oftmals erschloss sich mir der Sinn des Gelesenen nicht auf Anhieb, es schien als würde etwas fehlen, eine Erklärung oder ähnliches.

Note:
2-